Bericht zur Podiumsdiskussion „Drohende Gefahr Polizeigesetze“ der Grünen am 1. März 2019

„Sind Staatstrojaner, Videoüberwachung, Fußfessel und Co. ein Frontalangriff auf die Bürgerrechte oder doch notwendig?“ So fragte die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen der Bremer Bürgerschaft am 1. März im Überseemuseum. Eingeladen waren der grüne Bundestagsabgeordnete Konstantin von Notz und Daniel Heinke, Leiter des Landeskriminalamts Bremen, der den verhinderten Polizeipräsidenten Lutz Müller bei der Diskussion vertrat. Als Vertreterin des Bündnis Brementrojaner komplettierte Maike Schmidt-Grabia die Runde. Moderiert wurde von Björn Fecker, Sprecher für Inneres der Grünen Fraktion in der Bürgerschaft.

Daniel Heinke (LKA Bremen), Maike Schmidt-Grabia (Bündnis Brementrojaner) und Moderator Björn Fecker (MdBB, Bündnis 90/Die Grünen) auf der Podiumsdiskussion am 1. März 2019

Daniel Heinke (LKA Bremen), Maike Schmidt-Grabia (Bündnis Brementrojaner) und Moderator Björn Fecker (MdBB, Bündnis 90/Die Grünen) auf der Podiumsdiskussion am 1. März 2019

Die Antwort des Bündnis Brementrojaner auf die grundlegende Frage des Podiums war ein klares „Nein“: Staatstrojaner, Videoüberwachung, Fußfesseln bedrohen Grund- und Freiheitsrechte derart stark, dass die derzeit diskutierte Anwendung bzw. Ausweitung nicht zu rechtfertigen ist. Zum Beispiel Videoüberwachung: Hier wünschten sich einige Parteien, es sollten grundsätzlich alle vielbesuchten öffentlichen Orte staatlich per Video überwacht werden können. Ist dieser Schritt jedoch erst einmal getan, gibt es kein „Stopp“ mehr – es droht eine Rundumüberwachung des öffentlichen Raums.

Ähnlich argumentierte auch Konstantin von Notz. Noch nie habe er erlebt, dass eine zuvor eingeführte Maßnahme später von Politik oder Polizei wieder zurückgenommen worden sei. Es dauere bei grundgesetzlich bedenklichen Gesetzen zudem Jahre, bis das Bundesverfassungsgericht ein Urteil über die Verfassungswidrigkeit einer Regelung fällt. Jahre, in denen die neue Praxis den Behörden schon zur Gewohnheit geworden ist und nur ungern wieder aufgegeben wird.

LKA-Chef Daniel Heinke hielt dagegen und brachte den Blick des Polizeipraktikers ein. Er verwies auf die Erfolge, die neue Ermittlungstechnik und neue Befugnisse versprächen, sowie auf die Schwierigkeiten, die sich der Polizei im Alltag stellten. Insbesondere betonte er sinngemäß, dass die Bremer Polizei im Vergleich zu anderen Bundesländern ein bürgernäheres und umgänglicheres Selbstverständnis habe. Außerdem seien die Wünsche der Bremer Polizei, so Heinke, nicht so weitreichend wie in anderen Bundesländern.

Mit Blick auf die Pläne einiger Parteien in Bremen entgegnete Maike Schmidt-Grabia, dass auch der letzte Platz in einem Überbietungswettbewerb der Grundrechtseinschränkungen ein schlechter Platz sei. „Die anderen machen aber noch viel mehr“, dürfe bei grundsätzlichen Fragen kein Argument sein. Eher muss hier weitaus stärker als bisher die Gesellschaft als ganze in den Blickpunkt rücken.

Hier verwies Schmidt-Grabia auf die sogenannte „Überwachungsgesamtrechnung“: Diskutiert würden immer nur einzelne Maßnahmen. Diese isolierte Betrachtung aber ist trügerisch, denn alle Befugnisse und Praktiken türmen sich zu einer Gesamtüberwachung des einzelnen Menschen auf. In einer umfangreich überwachten Gesellschaft verengen sich die Freiräume drastisch. Ohne Freiheit aber ist auch das demokratische Miteinander bedroht.

Gerade angesichts der nach wie vor fortschreitenden Digitalisierung und stetig verbesserter Datenverarbeitung sei es umso wichtiger, hier jetzt gegenzusteuern. Da von der Polizei und ihrer Vertretung kaum zu erwarten sei, dass sie mehr Befugnisse ablehnt, seien hier die politischen Kräfte gefordert, mit Nachdruck „Nein“ zu sagen zu immer mehr und mehr Überwachung.

Die Diskussion unter den Eingeladenen verlief locker, fair und durchaus verständnisvoll. Trotzdem bot der Abend viel Stoff zum Nachdenken. Eine rege Beteiligung aus dem Publikum mit vertiefenden Fragen und ergänzenden fachlichen Einwürfen bezeugt dies. Es wird wohl auch nicht das letzte Mal gewesen sein, dass über mögliche Gesetzesverschärfungen debattiert wird: Das Bündnis Brementrojaner richtet sich mit Blick auf die im Mai anstehende Bürgerschaftswahl auf weitere Diskussionen ein und wird die Debatte weiter führen.