Kritikpunkte zur Quellen-Telekommunikationsüberwachung

Kritikpunkte zur Quellen-Telekommunikationsüberwachung

Staatstrojaner sind Gefährder.

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Menschen zeigen Courage, Kameras schauen nur zu.

Menschen zeigen Courage, Kameras schauen nur zu.

Wer beobachtet wird, ist nicht frei.

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Präventiver Sicherheitsstaat bedeutet weniger Freiheitsrechte.

Präventiver Sicherheitsstaat bedeutet weniger Freiheitsrechte.

Grundrechte bekommen Fußfesseln.

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Bündnis Brementrojaner gegen Verschärfung des Bremischen Polizeigesetzes

Wie ist der Stand der Dinge in Bremen?

Anders als in vielen anderen Bundesländern ist in Bremen noch keine Verschärfung des Polizeigesetzes erfolgt und wird im Moment auch nicht akut diskutiert. Allerdings: Die Pläne dafür lagen schon auf dem Tisch. In Bremen legte die SPD bzw. Innensenator Ulrich Mäurer im November 2017 einen Entwurf zur Änderung des Polizeigesetzes vor. Dieser stand dann einige Monate in der Diskussion mit dem Koalitionspartner Bündnis 90/Die Grünen. Parallel dazu formierte sich Kritik: Aus verschiedenen zivilgesellschaftlichen Organisationen und einigen einzelnen Personen bildete sich das Bündnis Brementrojaner. Wir formulierten eine Bündniserklärung und gingen mit unserer Kritik an die Öffentlichkeit. Auch die Landesdatenschützerin äußerte Bedenken. Im April 2018 stiegen die Grünen dann aus den Verhandlungen mit der SPD aus und setzten dem Gesetzgebungsprozess damit ein Ende.
Aber: Am 26. Mai 2019 ist Bürgerschaftswahl. Damit könnten sich die politischen Mehrheiten im Landtag verschieben. Je nach Ausrichtung der Regierungskoalition kann es dann auch hier bei uns ganz schnell gehen mit Staatstrojaner, Fußfesseln, Videoüberwachung und anderen Verschärfungen! Deswegen und wegen der nach wie vor alarmierenden Entwicklung in den anderen Bundesländern hält das Bündnis Brementrojaner die Spannung und informiert die Öffentlichkeit über die Gefahren dieser Vorhaben. Unsere Kritik orientiert sich nach wie vor an dem Gesetzentwurf der SPD von 2017, zumal die SPD in ihrem Wahlprogramm für 2019 an ihren Plänen festhält.

Was sieht der Entwurf des Innensenators vor?

In dem Gesetzentwurf stehen einige Änderungen, die tief in unsere Grundrechte als Bürger und Bürgerinnen eingreifen. Unter anderem soll Videoüberwachung im öffentlichen Raum quasi überall möglich werden. Die Annahme dahinter ist: wo sich viele Menschen versammeln – ob Park oder Freimarkt, Bahnhof oder Universität – werden vermutlich Straftaten begangen.
Ein weiterer Punkt ist die Telekommunikationsüberwachung, direkt auf Geräten von verdächtigen Personen. Eine Schadsoftware – ein sogenannter „Trojaner“ – wird auf dem Gerät aus der Ferne installiert und überwacht auf dem Gerät Inhalte, bevor diese verschlüsselt versendet werden können. Das soll angeblich der Terrorabwehr dienen und „Gefährder“ betreffen – tatsächlich sind solche Vorhaben aber eine Gefahr für unsere Sicherheit und unsere Grundrechte, die der Staat angeblich schützen möchte.
„Gefährder“ sollen ebenfalls, als polizeiliche Maßnahme, elektronische Fußfesseln angelegt werden, um ihren Aufenthaltsort per GPS einfach bestimmen zu können. Das ist ein tiefer Eingriff in das Persönlichkeitsrecht – ohne Vorliegen eines konkreten Verdachts und erst recht ohne rechtsstaatliches Gerichtsverfahren.

Wir lehnen eine Verschärfung des Polizeigesetzes grundsätzlich ab!
Wir sind der festen Überzeugung, dass solche Gesetze, wie sie derzeit in vielen Bundesländern diskutiert und verabschiedet werden, eine enorme Gefahr für unsere freiheitliche Gesellschaft darstellen!

Warum sind diese Pläne für Verschärfungen gefährlich?

Gefährlich sind diese Gesetzesänderungen vor allem, weil sie tief in die Grundrechte aller Menschen im Bundesland Bremen eingreifen und selbst neue Gefahren schaffen.
Die Auswirkungen von Videoüberwachung werden massiv überschätzt. Die Erwartungen erfüllt Videoüberwachung vor allem dort, wo Alltagskriminalität durch Kameras verdrängt werden kann. Einen terroristischen Anschlag verhindern diese Kameras nicht, im Gegenteil: Terrorist_innen gehen davon aus, dass sie gefilmt werden. Die schrecklichen Videos sind nicht nur Futter für Sensationsnachrichten, sie dienen als Propaganda-Material.
Einen Schutz hingegen bietet diese Überwachung nicht. Sie greift in unsere Grundrechte ein und kann dazu führen, dass unschuldige Menschen sich permanent beobachtet fühlen. Das kann nachweislich dazu führen, dass Menschen auf ihr Recht verzichten, ihre Meinung zu äußern oder zu zeigen. Alle, die schon einmal an einem Flughafen waren, kennen das Gefühl, ihre Äußerungen und Handlungen einzuschränken, damit sie nicht auffallen.
Videoüberwachung verhindert also nicht die Straftaten, die sie vermeintlich verhindern soll. Sie ist vielmehr eine Gefahr für uns alle, die wir uns immer unfreier in der Öffentlichkeit bewegen, aufhalten und äußern werden.
Auch der Einsatz von sogenannten Trojanern ist eine Gefahr für die Allgemeinheit. Um ein Gerät mit einer solchen Software zu infizieren, müssen Lücken im System ausgenutzt werden. Diese Systeme müssen also unsicher sein. Genau hier ist das Dilemma: um im Einzelfall Zugriff auf ein System zu haben, beteiligen sich Polizei und Geheimdienste daran, alle Systeme unsicher zu machen.
Ein solcher Generalschlüssel für alle Geräte weckt natürlich auch andere Begehrlichkeiten. Es besteht die akute Gefahr, dass solche Software in die falschen Hände gerät und etwa in anderen Ländern plötzlich dazu dient, Kritiker_innen zu inhaftieren und mundtot zu machen.
Trojaner sind dazu gemacht, den vollen Zugriff auf Geräte zu ermöglichen. So ließen sich etwa auch gefälschte „Beweise“ platzieren oder Daten manipulieren. Damit gibt es quasi keine Unterschiede mehr zwischen einer Überwachung laufender Kommunikation („Quellen-TKÜ“) und einer solchen vollumfänglichen „Online-Durchsuchung“. Letztere hat das Bundesverfassungsgericht 2008 verboten und das Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme (auch: „IT-Grundrecht“) geschaffen.
Der Einsatz von Trojanern gefährdet also unsere Grundrechte und Privatsphäre – privat und beruflich. Insbesondere Journalist_innen und Menschenrechtler_innen arbeiten Weltweit zunehmend unter Bedingungen, die sie und ihre Kontakte in größte Gefahr bringen.

Was können wir tun?

Sich und andere Infomieren! Im Moment geht es vor allem darum, Aufmerksamkeit zu wecken. In Bremen müssen wir wachsam bleiben und schauen, wie es nach der Wahl weitergeht. Andere Bundesländer können jetzt schon Unterstützung gebrauchen, z.B. bei Protesten oder bei Klagen gegen schon beschlossene Gesetze. Schnell, viel zu schnell wurden und werden hier Änderungen durchgepeitscht, die in Zukunft massive negative Auswirkungen haben werden, auf Einzelne, auf zivilgesellschaftliches Engagement und auf die Gesellschaft insgesamt.

Wir wollen nicht, dass unsere freiheitliche Gesellschaft ihre eigenen Ideale selbst untergräbt und abschafft!